Bäuerliche Familienberatung: "Psychische Überlastung ist Thema in jeder dritten Beratung!"

Die bäuerliche Familienberatung wurde vor knapp 30 Jahren vom katholischen Landvolk gegründet. Anstoß dazu gaben damals psychosoziale Schwierigkeiten in den landwirtschaftlich geprägten Familien, die aufgrund von Überschuldung, Generationenkonflikten und Problemen bei der Hofübergabe entstanden. Peter Barthlechner leitet die unabhängige Beratungsstelle seit fünf Jahren und gibt uns im Gespräch Einblicke in seine Arbeit. Er ist Mediator, Supervisor und Traumaberater und hat viele Jahre in der Krisen- und Lebensberatung „Münchner Insel“ gearbeitet.
Franziska: Für welche Region ist die bäuerliche Familienberatung zuständig?
Barthlechner: Wir sind für die Erzdiözese München und Freising zuständig, das heißt wir betreuen Menschen aus der Landwirtschaft im gesamten Regierungsbezirk Oberbayern. Gemeinsam mit einem Team von 15 Ehrenamtlichen, die hauptsächlich aus der Landwirtschaft stammen, beraten wir Betroffene und Angehörige in Krisensituationen.
Franziska: Wer trägt die Kosten für die Beratung?
Barthlechner: Die bäuerliche Familienberatung wird zum großen Teil von der katholischen Kirche getragen, aber auch das Landwirtschaftsministerium stellt Gelder zur Verfügung und manchmal erhalten wir Spenden von Privatpersonen. Für Betroffene und Angehörige ist unsere Beratung kostenlos, egal wie viele Gespräche nötig sind.
Franziska: Auf welche Schwerpunkte ist die Beratung spezialisiert?
Barthlechner: Wir konzentrieren uns auf die Beratung bei psychosozialen Problemen. Menschen kommen zu uns wegen Generationen- oder Paarkonflikten, Problemen bei der Hofübergabe, Depressionen oder Burnout. Wichtig ist, dass die Betroffenen oder Angehörigen selbst und freiwillig den Kontakt zu uns suchen.
Franziska: Welches sind die Hauptgründe, warum Sie kontaktiert werden?
Barthlechner: Generell sind die Ursachen für Probleme breit gestreut. Aber in letzter Zeit häufen sich die Anfragen wegen psychischer Überlastung. Früher war es etwa ein Viertel heute ist bereits jeder dritte Anrufer von Depressionen oder Burnout-Symptomen betroffen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Selbstverständlich unterliegen wir der Schweigepflicht.
Franziska: Wie können die Menschen bei Ihnen Hilfe suchen?
Barthlechner: Egal, ob Betroffene oder Angehörige, jeder kann bei uns anrufen oder uns eine E-Mail schreiben. Wir rufen umgehend zurück. Im Erstgespräch, meistens am Telefon, klären wir das Problem in groben Zügen und verabreden, wie es weitergehen soll. Einen ersten Termin können wir normalerweise innerhalb von 14 Tagen anbieten, bei akuten Situationen auch schneller. Wir können uns auf dem Betrieb verabreden oder bei uns in Feldkirchen-Westerham im Büro. Genauso gut können wir telefonieren oder einen Videoanruf vereinbaren. Ebenso klären wir, welcher unserer Berater oder Beraterinnen am besten passt. Je nach Dringlichkeit können wir Gespräche im wöchentlichen Turnus oder in größeren Abständen anbieten.
Franziska: Wie sieht die Hilfe für Betroffene und Angehörige aus?
Barthlechner: Bei psychosozialen Problemen helfen unsere Ehrenamtlichen und ich. Wenn sich im Gespräch Bedarf an anderen Beratungsthemen herauskristallisiert, können wir fachliche Beratung hinzuziehen oder empfehlen, wie z.B. Steuerberater, Betriebsberatung, Suchtberatung, Psychotherapie. Außerdem haben sich vor einiger Zeit zwei Selbsthilfe-Gruppen sowohl für Betroffene als auch für Angehörige gegründet, die sich einmal im Monat bei uns im Büro treffen. Jeder ist herzlich eingeladen, dazu zu kommen. (Termine siehe grüner Kasten)
Franziska: Begleiten Sie Betriebs- und Dorfhelferinnen bei ihren Einsätzen?
Barthlechner: Wir bieten Supervision für Betriebs- und Dorfhelferinnen an. Je nach Gesprächsbedarf führen wir Einzel- und Gruppenberatungen durch. Die Einsatzkräfte können sich gerne bei uns melden. Auch Vorträge zu speziellen Themen oder zur bäuerlichen Familienberatung im Allgemeinen kann ich anbieten.
Franziska: Arbeiten Sie bereits mit Maschinenringen zusammen?
Barthlechner: Bisher nur punktuell. Wir sind gerne bereit die Zusammenarbeit mit den Maschinenringen zu intensivieren, denn eine gute Vernetzung ist sehr sinnvoll.